Medellín – unterwegs in der kolumbianischen Metropole

Kilometerstand
Anfang: Salento (Kolumbien): 21.917 km
Ankunft: Medellín (Kolumbien): 22.174 km
Etappe: 257 km

Von Salento fuhren wir über die Panamericana, die dort den schönen und treffenden Namen Autopista del Café trägt, nach Medellín, eine große Stadt mit 2,7 Millionen Einwohnern und mit – wie in allen südamerikanischen Metropolen – großen und täglich wachsenden Slumgürtel. Einen Stellplatz fanden wir im sicheren und wohlhabenden Viertel El Poblado vor dem Blacksheep Hostel. Dort lernten wir abends Antonio und Irene aus Rosario (Argentinien) kennen. Die beiden reisen ebenfalls seit fünf Monaten mit ihrem Auto durch Südamerika. Erst entlang der brasilianischen Küste, dann durch Venezuela, wovon sie begeistert berichteten. Wir probierten den (großartigen) venezolanischen Rum, tauschten Reiseanektdoten aus und verbrachten einen schönen Abend miteinander.

Am Donnerstag wollten wir früh aufbrechen, um uns die Stadt anzuschauen. Leichter gesagt als getan, wenn man direkt vor einem Hosteleingang steht. Ständig stand jemand vor der Schiebetür und wollte quatschen… macht ja auch Spaß und die meisten haben ja auch von einer spannenden Tour zu erzählen! Irgendwann hatten wir uns losgeeist, fuhren von El Poblado durch das Stadtzentrum zum Metrocable. Medellín war die erste Stadt, in der man die an den steilen Berghängen gelegenen Slums mit Seilbahnen in die Innenstadt verband. Zudem wurden in den Elendsvierteln Bibliotheken, Parks etc. angelegt. Wir fuhren mit der Linie J und K und L, wobei die zweite die spannendere war: hervorragender Blick auf Medellín, auch wenn der Blick auf die Slums sehr nachdenklich macht.

Nach dem Metrocable besichtigen wir den Plaza de Botero, mitten im Stadtzentrum, wo einige der Bronzestatuen des berühmten kolumbianischen Künstlers Fernando Botero aufgestellt sind. Dazwischen pulsierte das echte kolumbianische Leben: laut und chaotisch! An einer anderen Plaza stehen die berühmten Friedenstauben. Der erste Vogel war 1995 zerstört worden, als die FARC einen Anschlag mit einer Autobombe verübte, bei dem 23 Menschen ums Lebens kamen. Boteros Vogel wurde nicht repariert oder ersetzt, sondern der Künstler entschied sich, eine Replik mit dem Namen Vogel des Friedens daneben zu setzen, um deutlich zu machen: Kunst ist stärker als Gewalt!

Wir fuhren mit der Metro zurück in unser Hostel. Manuel, den wir bereits in Salento im Plantation House kennen gelernt hatten, konnte erfolgreich Karten für Manu Chao erstehen und so zogen wir abends zu zwölft los. Das Konzert fand im Parque Botanico statt, halb openair. Zuvor standen wir jedoch erst einmal zwei Stunden in einer ca. 200 m langen Schlange, erst eine Polizeikontrolle, gefolgt von einer Kontrolle durch den Sicherheitsdienst – wer vertraut da wem nicht? Nun ja, irgendwann hatten wir es geschafft, die Vorband war gerade fertig und pünktlich zum Konzertbeginn waren wir drin. Eine tolle Location mit den Lichtern der Berghänge von Medellín im Hintergrund. Das Konzert begann mit einer – für europäische Verhältnisse – unfassbaren Stimmung, die Menge tobte ab der ersten Sekunde, aber seht selbst!

Qué tal un café?

Kilometerstand
Anfang: Desierto de la Tatacoa (Kolumbien): 21.569 km
Ankunft: Salento (Kolumbien): 21.917 km
Etappe: 348 km

Que tal un Café?Das nächste Ziel auf unserer Tour war ein ordentlicher Kontrast zur Wüste – es ging in die Region der kolumbianischen Kaffeeplantagen in eine saftig-grüne Landschaft :-)! Zuvor wollten jedoch fast 350 km gefahren werden, u.a. wieder einmal mit Überquerrung der Kordilleren, sprich Kurven um Kurven… Als wir im kleinen Städtchen Salento ankamen, hielten wir mit dem Auto kurz auf der Straße, um uns zu orientieren. Da klopfte ein kleines, ca. 8jähriges, weißes Mädchen an das Fenster: „What are you looking for?“ fragte sie sehr freundlich und mit britischem Akzent. „The Plantation House!“ „It’s over there, I’m the daughter of the owner!!!“ erklärte sie strahlend und sehr stolz!

Wenige Meter weiter hatten wir unser Ziel erreicht. Wir konnten direkt vor dem Hostel auf der ruhigen Nebenstraße parken und hatten Zugang zu heißer Dusche, WiFi und kostenlosem Kaffee 😉 . Am Mittwochmorgen machten wir eine Tour durch die Kaffeeplantage von Don Eduardo, dem britischen Chef, der eigentlich Tim heißt. Don Tim klinge aber ziemlich dämlich in Kolumbien, damit könne man kein Geld machen, also habe er seine Kaffeplantage nach seinem Zweitnamen Edward benannt, erklärte er. Dann erzählte Tim über traditionelle und moderne Kaffeepflanzen, Anbaubedingungen und viel mehr. Wir sahen den kompletten Prozess vom Schälen der Kaffeekirsche, Fermentieren, Rösten, bis wir alle eine Tasse leckeren Bourbon (Kaffee!) genießen durften. Sehr interessant und empfehlenswert!

Den Rest des Tages schlenderten wir durch das hübsche Städtchen und waren froh, Zeit und Internetzugang für die Blogpflege zu haben.

Ein Abstecher in die Wüste

Kilometerstand
Anfang: Gigante (Kolumbien): 21.440 km
Ankunft: Desierto de la Tatacoa (Kolumbien): 21.569 km
Gesamtetappe: 129 km

Desierto de TatacoaUnser nächstes Ziel war der Desierto de la Tatacoa. Zuvor legten wir einen Stopp in Nieva ein – wir mussten mal wieder unsere Vorräte auffüllen. In der Regel gibt es seit Peru kleine Straßenstände und Tiendas oder aber XXL-Supermärkte (gerne in Shopping Malls eingegliedert) mit allem, was das Konsumherz begehrt. Unsere Einstellung zu den riesigen éxitos, Hyperliders oder Supermaxxis und wie sie alle heißen, ist überaus zwiegespalten: Wir brauchen wahnsinnig lange, um uns zurecht zu finden, aber es gibt halt einfach alles, was man braucht an einem Ort, und man braucht nicht von einer Tienda zur nächsten zu laufen… Darüber hinaus sind sie die einzige Quelle für halbwegs vernünftiges Brot bzw. zumindest Baguettes – deutsche Probleme halt 😉 .

Nun ja, den éxito hatten wir also geschafft und es ging weiter zum Desierto de la Tatacoa. Die Landschaft erinnerte mit ihrer rotbräunlichen Färbung ein bisschen an die Atacama-Wüste in Chile. Tatacoa bedeutet Klapperschlange, wie die indigenen Ureinwohner die Wüste bezeichneten. Wir parkten direkt über dem Cañon del Cuzco, einer sehr bizarren und durch Erosion entstandenen Landschaft. Eigentlich soll man von der Wüste einen traumhaften Blick in den Sternenhimmel haben – wir hatten kein Glück, es war bewölkt. Im Dunkeln erreichte ein französisch-kolumbianisch-US-amerikanisches Fahrradtrio den Campingplatz. Die Jungs waren sehr nett, Carlos der Kolumbianer, erzählte, er bringe überall den Regen – und tatsächlich regnete es in der Nacht zum ersten Mal seit zwei Monaten… Sternegucken gab es also nicht für uns! Heute Morgen wanderten wir durch den bizarren Canyon und waren begeistert von den Formen und Farben. Dann brachen wir auf – für einen eventuellen sternenklaren Himmel den Tag dort zu verbringen, dafür war es viel zu heiß. Und außerdem wollten wir weiter nach Osten zu den Kaffeeanbaugebieten.

Auf den Spuren prähispanischer Völker

Kilometerstand
Anfang: Mocoa (Kolumbien): 20.810 km
Ankunft: Gigante (Kolumbien): 21.440 km
Gesamtetappe: 630 km

Ausblick von San AndrésUnsere letzten Tage standen im Zeichen präkolumbianischer Kulturen. Wir besuchten direkt zwei von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannten Orte und damit auch zwei der drei in Kolumbien existierenden archäologischen Parks.

Am Freitagmittag erreichten wir San Augustin. Im archäologische Park befinden sich neben Grabanlagen aus Lavastein und Basalt gehauene Statuen, die von einer indigenen Zivilisation, der San-Agustín-Kultur, über die bis heute nur wenig bekannt ist, angefertigt wurden. Wir besichtigen zunächst das Museum, das interessant und überaus ansprechend gestaltet und für uns das bisher Beste auf unserer Tour ist. Anschließend ging es zu den verschiedenen Ausstellungsplätzen, den Mesitas (=Tischlein). Dazu gehört unter anderem der Fuente Ceremonial de Lavapatas: an einer breiten Stelle des Flussbettes wurden Figuren und Symbole in den Stein auf den Grund des Flusses geschlagen und das Wasser läuft nun durch die künstlich angelegten Rinnen entlang der Figuren. Wahrscheinlich wurde dieser Ort für rituelle Waschungen der Jaguarmenschen und zur Ehre von Wassergottheiten angelegt.

Nach einer Übernachtung auf einem nahe gelegten Campingplatz fuhren wir weiter in Richtung Tierradentro. Fernab der Panamericana kamen wir trotz meist asphaltierter Straße nur langsam vorwärts. Es war sehr ländlich und wir passierten während der Fahrt einige Polizeikontrollen, die sich allerdings nicht sonderlich für uns interessierten. Dann wurden wir vom Militär angehalten und zum ersten Mal aufgefordert auszusteigen. Sie hatten das MePa als Lieferwagen gedeutet und nicht als Wohnmobil erkannt. Die einmal angelaufene Kontrolle verlief dann dennoch sehr gründlich, wir wurden über Route, Reisedauer etc. befragt, der Drogenspürhund schnüffelte sich durch das Auto und der Kofferraum wurde (ebenfalls zum ersten Mal in Südamerika) in Augenschein genommen. Für uns beide war es sehr ungewohnt von acht (teils sehr jungen) Soldaten mit Maschinengewehr kontrolliert zu werden, zumal wir sie sehr schlecht verstehen konnten. Dennoch waren alle sehr freundlich.

Wir hatten noch gute 20 km über eine schlechte Piste zu bewältigen, dann waren wir in Parque arqueológico nacional de Tierradentro, wie er offiziell heißt. Hier gab es – ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende – Schachtgräber (hipegeos), die zwischen 500 und 900 n.Chr. von Menschen einer ebenfalls prähispanischen Kultur angelegt worden waren. Wir besichtigen zwei sehenswerte Ausgrabungsstätten, Segovia und San Andrés, für Archäologie-Freaks gibt es noch weitere Ausgrabungsstellen, diese dann allerdings wohl weniger gut erhalten und zum Teil nur zu Pferd erreichbar sind. Wie bisher überall in Kolumbien waren die Menschen auch hier unheimlich freundlich, bereits der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes gab Routenempfehlungen und der Ranger fragte beim Ticketverkauf, ob wir denn auch genügend Wasser, Sonnenschutz und Regenkleidung dabei hätten und informierte zusätzlich über die Orte mit WC!

Nur unser Übernachtungsplatz war etwas komisch. Wir parkten an der Hospedaje Lucerna, einem von einem sehr betagten Ehepaar geleitetem Hostel. Während im iOverlander als sympathisch beschrieben, trafen wir auf eine sehr verwirrte Frau, mit der eine Kommunikation sehr schwierig war. Als wir zahlen wollten, wusste sie nicht einmal, ob wir gecampt oder ein Zimmer hatten… Für uns definitiv keine Weiterempfehlung!

Für unsere weitere Route hatten wir uns in Tierradentro nach dem Straßenzustand der möglichen Richtungen erkundigt und uns letztlich für den selben Rückweg in Richtung Osten entschieden. Also 20 km Schotterpiste zurück, dann lief es gut… – zu gut: Kurz vor Gigante war eine Brücke für alle Autos gesperrt, die selbe, über die wir am Vortag gekommen waren. An der Straße und am gegenüberliegenden Ufer standen viele Taxis. Die Sperrung sei für acht Tage geplant, Fußgänger könnten sie allerdings passieren, erklärte uns ein Taxifahrer. Er empfahl uns eine Alternativroute: mehr als 100 km Umweg, um im Dunkeln das ursprünglich nur 3 km entfernten Gigante zu erreichen und in der Villa Claudia zu übernachten… Es kommt halt oft anders als man denkt!