Kilometerstand
Anfang: NP Alerce Andino (Chile): 7.995 km
Ankunft: La Loberia bei Cobquecura (Chile): 9.147 km
Etappe: 1.152 km
In der letzten Woche haben wir den Süden Chiles erkundet, der Mitte des 19. Jahrhunderts von deutschen Auswandern besiedelt wurde. Auch wenn natürlich inzwischen alles längst chilenisch ist, kann man den früheren deutschen Einfluss an einigen Stellen bemerken. So wird überall für Kuchen geworben (der chilenische Plural lautet übrigens Kuchenes), Strudel de manzana oder das Kunstmann-cerveca (mit dem Untertitel auf jeder Flasche „Ein gutes Bier“).Gestartet sind wir am Montagmorgen im Nationalpark Alerce Andino und zunächst nach Puerto Varas gefahren, das am schönen Lago Llangulhue liegt. Wir bummelten durch die Stadt, entdecken den mit einem Bundesadler dekorierten Club Aleman, aßen zu Mittag bei Donde El Gordito (muss man nicht nachmachen!) und liefen zur Stadtkirche, die einer Marienkirche im Schwarzwald oder dem Limburger Dom nachgeahmt sein soll… wie auch immer. Im Supermarkt gab es neben Roter Grütze und Nutella auch Vollkornmüsli und Pumpernickel (juhu) und am einem Straßenstand kauften wir Erdbeeren und grünen Spargel. Nach dem Einkauf gab es direkt am See noch einen echten italienischen, frisch gemahlenen und gepressten Kaffee aus einer echten italienischen Kaffeemaschine, die in einem klitzekleinen Autoanhänger stand (nur zur Erklärung: Chile befindet sich in sehr weiten Teilen leider in der Hand von Nescafé instant, was scheinbar auch noch als Qualitätsmerkmal gesehen wird… aarhg!).
Mit aufgefüllten Vorräten ging es mit den MePa weiter um den wunderschönen See. Mit Blick auf den teilweise Wolken verhangenen Vulkan Osorno führen wir bis nach Las Cascadas, wo wir direkt am Strand freistehen konnten (S 41.084478, W 72.641784; sehr ruhig, sehr empfehlenswert) und bei Sonnenuntergang warmen Spargelsalat mit Erdbeeren aßen… jaja, ein hartes Leben auf der Panamericana 🙂 ! Am nächsten Morgen wollten wir die Wasserfälle besichtigen, nach denen die kleine Ortschaft benannt ist. Das Zugangstor war verschlossen, nach Bezahlen des Eintritts durften wir jedoch durch den Stacheldrahtzaun klettern. Nun ja, warum der plötzlich aufgetauchte Ticketverkäufer keinen Schlüssel hatte, uns kurz danach aber ein Pickup überholte, der definitiv durch das Tor gefahren sein musste, war nicht klar… Der fast zweistündige Spaziergang hat sich jedoch voll gelohnt, über Stock und Stein ging es bis zum Wasserfall. Sowohl Geräuschkulisse als auch Wassermassen waren beeindruckend und wir waren mal wieder ganz alleine unterwegs. Bei der Rückkehr wartete der Chilene geduldig, bis wir das Gelände durch seinen Stacheldrahtzaun verlassen hatten!
Anschließend fuhren wir weiter bis Frutillar (= Erdbeerhausen). Das Touristenörtchen hat zahlreiche Restaurants und Cafés, die „hübsche“ deutsche Namen tragen wie z.B. „Das kleine Bächlein“, für unseren Geschmack ein wenig zu viel des Guten. Nach einem Strudel de manzana im „Hotel am See“ wollten wir weiter nach Valdivia, eine wirklich nette Studentenstadt. Am Fischmarkt lagen die Seelöwen direkt hinter den Ständen und fraßen die Fischabfälle. Die Touristen schauten begeistert zu – wir auch! Die Cervecia Kunstmann, die älteste Brauerei Chiles, sprach uns nicht so sehr an, irgendwie wirkte der deutsche Teil mit bayrischer Musik etc. aufgesetzt – wir fühlen uns im Füchschen in Düsseldorf wohler. Abends ging es weiter bis nach Villarrica mit Blick auf den gleichnamigen Vulkan. Die Stadt wird im Reiseführer wegen ihrer angeblichen Bausünden sehr zerrissen, was wir nicht nachvollziehen konnten und einen hervorragenden Stellplatz am See mit Blick auf den Vulkan hatten.
Am Donnerstag war Erholung von unserem anstrengenden Reiseleben 😉 in den Termas Geometricas angesagt, eine richtig tolle Anlage mit in einer schmalen Schlucht angelegten Naturbecken. Wegen der Nebensaison waren nur wenige Besucher da und wir wechselten entspannt zwischen 36 bis 41°C warmen Thermen. So ließ es sich aushalten, Kathrin, das hätte dir gefallen! Da wir auf dem Parkplatz nicht übernachten durften, mussten wir einen Stellplatz suchen und stießen per Zufall auf einen Campingplatz der Krankenkasse Caja Los Andes, dem bisher besten Platz der Tour (S 39.505630 W 72.103229, sehr empfehlenswert, heiße Duschen, sehr saubere Sanitäranlagen).
Von dort ging es am Freitagvormittag zurück nach Villaricca, um unsere Wäsche in der Wäscherei abzuholen und noch kurz durch die Stadt zu bummeln. Wir entdeckten die Bäckerei „Rostock“, wo wir frisches und sehr leckeres Vollkornbrot kauften – Hilfe, jetzt gehören wir auch schon zu den Deutschen, die über Brot bloggen… egal, weiter Richtung Norden.
Nach ca. 280 Kilometer legten wir einen Stopp am Salto de Laja ein, einem großen und fast direkt an der Autobahn gelegenen Wasserfall. Die anschließende Stellplatzsuche entwickelte sich jedoch schwieriger als erwartet. Die drei direkt an der Straße gelegenen Campingplätze hatten geschlossen oder ein zu niedriges Einfahrtstor und die zusätzlichen (!) 15-20 Campingplätze einige Kilometer entfernt waren ebenfalls mal wieder geschlossen. Seitenstraßen gab es leider nicht, direkt an der Hauptstraße wollten wir nicht bleiben. Auf dem kleinen Supermarktparkplatz durften wir nicht über Nacht stehen, den Zugang vor die Cabanas in der zugehörigen Campinganlage versperrte uns ein Baum mit seinen großen heruntergehangen Ästen… Im Restaurant „El Panamericano“ empfahl man uns einen weiteren Campingplatz, den wir von der Straße zunächst nicht gesehen hatten. Der hätte zwar auch geschlossen, aber da habe schon mal jemand stehen dürfen.
Also gut, letzter Versuch, sonst geht es auf die Autobahn bis zur nächsten Raststätte. Schmunzelnd über das suisse-chileno-Campingschild beim Eingang betraten wir das Gelände (S 37.223563, W 72.372619). Der Besitzer Oliver erkannte schnell unser Problem, erlaubte uns auf seinem Camping zu übernachten und bot uns sogar Wasser, Strom und wifi an. Nach kurzem Plaudern packten wir Stühle und Tische aus. Vor Stunden hatte ich von einem Abendessen draußen geträumt – Glück gehabt. Lange hielt das Abendbrot-draußen-Glück jedoch nicht an. Wir bekamen Besuch von dem zweijährigen Neufundländer – Oliver hatte uns bereits vorgewarnt – der ohne ein Problem seinen riesigen Kopf auf unseren Tisch ablegte und SEHR interessiert auf die guten Sachen blickte. Zu früh gefreut, alles wieder ins Auto, dort zu Ende essen während vor unserer Tür der geduldige Hund hoffte, noch etwas abzubekommen.
Am Samstag fuhren wir weiter entlang der Panamericana bis nach Chillán, das für seinen großen Samstagsmarkt sehr bekannt ist (sehr empfehlenswert): es gab unzählige Stände mit Obst, Gemüse und Blumen, eine ganze Halle mit Würsten und Fleisch sowie einige Stände eines Handwerkermarkts. In der Stadt war ein buntes Treiben, das mich ein bisschen an Indien erinnerte. Anschließend ging es weiter bis zur Küste, wo wir in La Liberia bei Cobquecura direkt am Strand standen und bei Bier und Pisco Papaya (auch lecker!) den Sonnenuntergang anschauten (S 36.131347 W 72.804544).